Kultur & Theologie

“Nie wieder Krieg. Nie wieder Auschwitz. Nie wieder.”

Präses Annette Kurschus und OB Thomas Eiskirch zum Tag des Friedens

Kroke in der Christuskirche | (c) Olaf Rauch

„’Da gibt es nur ein Wort als Erklärung: Die Musik. Die Musik ist ein Zauber. Wir haben alles auswendig gespielt. Die Etüden, die Beethoven-Sonaten, Schubert, alles. In einem Saal für 150 Leute, alte, verzweifelte, kranke, verhungerte Menschen. Die haben gelebt von der Musik, die Musik war das Essen. Die wären längst schon gestorben, wenn sie nicht gekommen wären. Und wir auch.“ So antwortete die jüdische Pianistin Alice Herz-Sommer einmal auf die Frage, wie sie das Leben im Lager ertragen habe. „Da gibt es nur ein Wort als Erklärung: Die Musik.’“ 

Mit dieser Erinnerung eröffnete Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD, das Konzert zum Tag des Friedens am Platz des europäischen Versprechens. Weiter sagte Kurschus:

“Gemeinsam mit ihrem Sohn war Alice Herz-Sommer 1943 in Theresienstadt inhaftiert und ein Jahr später nach Ausschwitz gebracht worden. Beide überlebten das entsetzliche Grauen. Alice Herz-Sommer starb 2014 in London: 110-jährig. ‘Die Musik war unsere Nahrung.’

Heute, am 1. September 2019, erinnern wir uns hier in der Christuskirche am Platz des Europäischen Versprechens an den deutschen Überfall auf Polen im Jahre 1939, mit dem der Zweite Weltkrieg begann. In nur sechs Jahren verlieren 60 Millionen Menschen ihr Leben, in Kellern verbrannt, in Schützengräben gefallen, in Konzentrationslagern ermordet. Dieses Grauen, das von unserem Land ausging und unsägliches Leid über Europa und die Weltgemeinschaft brachte, ist kaum ein Menschenleben her. Wir halten die Erinnerung wach, weil wir sie den Millionen Toten schuldig sind. Wir halten sie wach und denen entgegen, die das Unfassbare heute zu einem „Fliegenschiss der Geschichte“ weglügen.

Wir halten die Erinnerung lebendig, weil wir nur so dem Europäischen Versprechen gerecht werden, denen hier Zehntausende ihr Wort und ihren Namen gegeben haben: Nie wieder Krieg. Nie wieder Auschwitz. Nie wieder.

Ich bin dankbar dafür, dass wir zu diesem besonderen Gedenken hier in der Christuskirche zu Gast sind und gemeinsam mit dem Kirchenkreis und der Stadt Bochum ein kraftvolles Zeichen für ein friedliches und versöhntes Europa setzen. Und ich bin dankbar dafür, dass wir es musikalisch tun. Mit der Band Kroke. Musikalische Brückenbauer, die jiddischen Klezmer mit polnischem Jazz, europäischer Klassik und orientalischen Grooves, mit westlichem Pop und östlichen Sounds verbinden. Musik sei unsere Nahrung gegen das Vergessen und im Einsatz für den Frieden in unserer Welt.”

Zuvor hatten die Stadt Bochum und die Evangelische Kirche an diesem Weltfriedenstag im Historischen Rathaus vor rund 80 geladenen Gästen aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft gemeinsam daran erinnert, dass Europa auf beiden Gründungsversprechen aufbaut: „Nie wieder Krieg“ und „Nie wieder Auschwitz“.

Präses Kurschus im Rathaus Bochum am Tag des Friedens | (c) Stadt Bochum

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch hatte in seiner Rede hervorgehoben, dass dieses Versprechen in unserer aller Verantwortung liege, Eiskirch stellte sich ohne jede Reserve hinter das Engagement der Bochumerinnen und Bochumer gegen Rechts:

„In Bochum hat Hass keinen Platz, denn die deutliche Mehrheit in unserer Stadt steht für ein gemeinsames, tolerantes und friedliches Miteinander ein.“

Die Präses der westfälischen Landeskirche, Annette Kurschus, hatte bei dem Empfang betont, dass Erinnern eine heilsame und schöpferische Kraft freisetze, die unser Handeln korrigiere und orientiere:

“Die Kraft der Erinnerung muss europäisches Handeln leiten und nicht die erschreckend lauten Stimmen, die vergessen möchten.”

Unter den geladenen Gästen befanden sich auch Schülerinnen und Schüler Bochumer Schulen sowie Dr. Pete Wilcox, Bischof von Bochums Partnerstadt Sheffield.

OB Eiskirch im Rathaus am Tag des Friedens | (c) Stadt Bochum