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Giora Feidman Sextett

Klezmer for Peace

Giora Feidman by Felix Broede (c)

Die eine Kunst geht so: Vorne stehen Leute und erklären einem, wie man die Welt zu sehen habe, welche Farbe richtig sei und welche falsch, welcher Himmel gut und welcher böse sei usw. Das ist identitäre Kunst. Sie ist identisch mit dem, was einer  –  sagen wir: einer wie Rogers Waters  –  so alles denkt. Am Ende ist solche Kunst exakt so schön wie Powerpoint: Man wird an die Hand genommen und durch die Welt bugsiert, am Ende werden die Hände gefaltet.

Die andere Kunst geht so: Vorne stehen Leute, die machen, was sie machen, man sieht ihnen zu und hört ihnen nach, und plötzlich geht einem auf, wie man die Welt auch sehen könnte: die eine Farbe wunderbar, die andere ebenfalls, es gibt so viele Farben. Das ist nicht-identitäre Kunst, sie ist uneins mit einer Welt, die sich als Strichcode gibt.

“Klezmer for Peace” ist uneins mit den Strichcodes dieser Welt. Diese Musik bildet keine Meinungen ab, sondern öffnet Horizonte: “Klezmer for Peace”, das dürfte klar geworden sein, ist nicht-identitär. Und, ebenfalls klar, “Klezmer for Peace” ist ein Projekt von Giora Feidman.

(c) Stephan Haeger

Die Aufstellung:

Musiker aus der Türkei und aus Israel, aus zwei Gesellschaften, die sich  –  zumindest in letzter Zeit  –  schwer auseinander gelebt haben. Feidmans Vision: dass seine Musik auch jetzt wieder in einen Kontext gerät, in dem sie nicht zu Hause ist. Dass sie in ein Gewand gekleidet wird, das noch nicht zugeschnitten ist.

Also machte sich Feidman auf die Suche und traf Murat Coskun, den deutsch-türkischen Musiker und Musikethnologen, Murat zählt zu den renommiertesten Rahmentrommlern weltweit. Die beiden verabredeten eine Probe, Murat brachte zwei Freunde aus seinem Umfeld mit: Gürkan Balkan an der Gitarre und an der Oud sowie Muhittin Kemal Temel mit seiner türkischen Zither. Giora griff zur Klarinette, sie fingen an zu spielen, und es kamen Hila Ofek mit ihrer Harfe dazu und Andre Tsirlin mit seinem Saxophon, zwei Israelis, sie stammen aus der westlichen Schule, und dann war die Combo beisammen: 6 Solisten, die an den Start gehen, ihr Ziel: 1 Musik.

Ziel erreicht? Ja, sie erklären einem nichts wie Powerpoint, sie spielen. Ihre Musik klingt manchmal fremd und dann vertraut. Oder umgekehrt: klingt vertraut und fremdelt immer wieder. Und dann wird auch das bald egal, ob es nun dies sei oder jenes, vertraut oder fremd, es erledigt sich beim Hören, ständig danach zu fragen, ob sich dieser Klang eher einer muslimischen und jener eher einer jüdischen Tradition zurechnen lässt oder ob es nicht auch umgekehrt sein könnte. Beim Hören wird klar, was Giora Feidman  –  der Maestro hat 83 Jahre Leben in sich aufgesogen  –  was er uns mitgeben will, es ist etwas sehr Einfaches, es ist kompliziert: dass es viele Farben gibt auf dieser Welt und dass jede schön ist auf ihre Weise und dass sie nur schön werden kann, wenn sie sich zwischen anderen Farben tummelt.

“Klezmer for Peace” ist ein Statement: dass Musik verbinden kann, was unverbunden ist. Dass dies möglich ist. Dass vielleicht nichts unmöglich ist. Und dass dies die Weise ist, wie uns ein Musiker die Welt erklären kann.

» Giora Feidman (Israel) | Klarinetten
» Muhittin Kemal Temel (D/Türkei) | Kanun
» Murat Coskun (D/Türkei) | Rahmentrommeln, Percussion, Gesang 
» Gürkan Balkan (Türkei) | Oud, Gitarre
» Hila Ofek (Israel) | Harfe
» Andre Tsirlin (Israel) | Saxophon